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Andere V̦lker Рandere Sitten!

(c) Ludwig Winklhofer

„Wie benimmt man sich eigentlich Indianern gegenüber?“ wird so mancher fragen, bei dem es so ist: Die Koffer sind gepackt, Ticket in der Tasche. Und jetzt das: ein mulmiges Gefühl im Bauch. Die Angst, etwas falsch zu machen, wo´s jetzt losgeht. Natürlich hat jeder, der sich auf dieses Abenteuer einlässt, Vorkenntnisse. Bücher gelesen, Filme gesehen. Aber das ist wohl etwas ganz anderes. Das Bild im Kopf, einen Traum im Herzen und nun – die Realität. Was ist Lüge und was Wirklichkeit? Und wie sagt man denn überhaupt „ Hallo“…
DIE indianische Faustregel für Benimm gibt es nämlich nicht. Das schon einmal im Voraus. Spuken doch in jedem unserer Köpfe auch die kleinen Klischees herum. Da hilft nur eines: Sich mutig mit der Wirklichkeit konfrontieren.

Also, das heißt: Sich schon ein wenig vorher informieren, und auf Unerwartetes gefasst sein. Geduldig sein.

Indianische Zeitbegriffe decken sich nicht mit den unseren. Nicht auf das Recht pochen, dass um eine bestimmte Uhrzeit etwas genau so läuft wie geplant. Der indianische Zeitbegriff ist ein ERWEITERTER. Er schließt ein, dass Wetterbedingungen sich ändern, sowie das Umfeld. Berücksichtigt wird auch, wie sich jeder einzelne gerade fühlt. Das bedeutet auf der einen Seite, dass viel Rücksicht auf jeden Anwesenden genommen wird; es bedeutet andererseits, dass Rücksicht, Flexibilität und Geduld auch von den Teilnehmern abverlangt wird. Eine Sache harmonisch – statt um jeden Preis – durchzuführen, ist oberstes Gebot.

Generell sollte sich jeder so verhalten, dass er das Wohlbefinden seines Nächsten nicht stört oder beeinträchtigt. Die Bedingungen hierfür variieren allerdings von Kultur zu Kultur sehr stark: Gilt es bei uns als höflich und als ein Zeichen gesteigerter Aufmerksamkeit, seinen Gegenüber im Gespräch tief in die Augen zu blicken, fühlt sich ein Lakota eher herabgesetzt, da es dort als Respektsbeziehung gilt, aus Achtung seinen Gesprächspartner nicht mit den Augen zu penetrieren – dies wird als unangenehmes „Anstarren“ empfunden! Hingegen wird Fragen als ein Zeichen von Interesse hochgeschätzt, und nur wer wirklich nachfragt, erhält Informationen!

Genau umgekehrt wiederum verhält es sich bei den Pueblos – wer hier viel fragt, erntet eisiges Schweigen. Das Gegenüber fühlt sich beleidigt und verletzt. Was bei uns eine Interessenbekundung bedeutet, ist hier eine Indiz für eine schlechte Erziehung!

Wer von lebhafter Mentalität ist, hüte sich bei den Navajos vor heftigem Gestikulieren. Viele der bei uns gebräuchlichen Handbewegungen sind hier Beleidigungen grober Art. Der schlimmste Fauxpas ist der Fingerzeig, harmlos bei uns zur Verdeutlichung einer Stelle, hier eine bösartige Verwünschung.

Für alle indianischen Kulturen gemeinsam gilt jedoch eindeutig: Erst einmal Abstand wahren, zurückhaltend sein und nicht kritisieren, diskutieren und in Frage stellen. Das darf nur ein sehr guter Bekannter.

Außerdem angemessen ist eine gewisse Zurückhaltung bei der Entblößung seines Körpers. Nacktbaden sollte hier besser keiner. Es gilt als Beleidigung, seinen Körper ungefragt vorzuzeigen und damit das Schamgefühl des Anderen zu verletzen. Wenn Sie selbst Ureinwohner bei Zeremonien leicht bekleidet antreffen, dient diese Art der Bekleidung rituellen Zwecken und gilt nicht unbedingt für den Zuschauer. (Etwas anderes ist die Einladung zu einer Schwitzhütten-Zeremonie, wo es Sinn macht, nur die Geschlechtsteile bedeckt zu halten). Zum einen haben diese Menschen (gerade der weibliche Teil der Bevölkerung) recht unangenehme Erfahrungen mit ihrem früher freizügigeren Umgang mit ihrem Körper gemacht und waren nicht selten die Opfer von Missbrauch und Vergewaltigung. Zum anderen war dies Haltung teilweise kulturell festgelegt, und nicht zuletzt haben die Missionsschulen ihr übriges dazu beitragen, dass Indianer ein ausgeprägtes Schamgefühl besitzen. Bitte haben sie dafür Verständnis!

Als unfein gilt auch, ohne Schuhwerk herumzulaufen, und seine Schultern sowie seine Knie unbedeckt zu lassen. Kurze Hosen erregen oft das Missfallen der älteren Menschen, besonders wenn sie von Frauen getragen werden. Niemand möchte doch als „leicht zu haben“ gelten! Deshalb lieber bei Hitze leichte, nicht zu kurze Röcke einpacken.

Geschenke werden gerne genommen, einfach weil Indianer selbst gerne schenken und von großzügiger Natur sind. Doch sollte weder das Geschenk als Almosen gegeben werden, noch um ein Geschenk Ihrerseits gebeten werden. Es kann und darf hin- und hergeschenkt werden als Zeichen von Sympathie und Kontaktbereitschaft, was große Freude auf beiden Seiten macht, aber niemand hat ein verbrieftes Recht darauf.

Wer zu einer Veranstaltung geladen wird, sollte sich hüten, voreilig zu sprechen, es sei denn, er wird ausdrücklich dazu aufgefordert. Jeder sollte jeden aus reden lassen. Schweigen zwischen den Gesprächen gilt hier nicht als peinliche Stille der Verlegenheit, sondern als angenehmer Konsens im Genuss des gemeinsamen Zusammenseins.

Handelt es sich um eine spirituelle Angelegenheit, (was oft schwer herauszufinden ist, da Indianer nicht zwischen Alltag und religiösem Tun trennen), ist Respekt geboten. Bitte sprechen Sie nicht, treten Sie nicht zu nahe an die beteiligten heran, berühren Sie niemanden. Zwar ist oft eine Teilnahme erlaubt und nicht selten sogar erwünscht, um die Energie der Gebote zu steigern, aber hüten Sie sich vor ungefragter Aktivität und stören Sie nicht den Rahmen. Betreten Sie keinesfalls den Platz oder den Ort, auf dem das Ereignis stattfindet! Applaudieren Sie niemals – wie sehr Sie das, was Sie sehen, auch begeistern mag – dies ist keine Theateraufführung, sondern eine religiöse Handlung! (Man stelle sich eine derart agierende Touristenhorde während der Wandlung bei einer christlichen Messe vor!)

Betreten Sie generell nie unaufgefordert ein Grundstück, ein Haus, ein Zelt, einen Hogan und schon gar keinen Friedhof, keine Kiva oder Schwitzhütte! Das Nichtbeachten ihrer Vorschriften hat bei den Hopis z.B. inzwischen dazu geführt, bei der Schlangenzeremonie und den meisten anderen religiösen Anlässen keine Fremden mehr zuzulassen, weil Zuschauer den Ablauf der gesamten Zeremonie durch ihren respektlosen Lärm gestört hatten. Ebenso verhält es sich bei vielen anderen Stämmen, die schlechte Erfahrungen zu verbuchen hatten. (Wie empörend fänden gerade Christen ein derartiges Verhalten bei einer Kirchweihprozession, einen Kreuzweg oder einem Begräbnis!) Auch das ungefragte Umhergehen auf heiligen Stätten, und wenn sie landschaftlich noch so reizvoll sein mögen, wird Ihnen Asympathie bis hin zu unverhohlener Feindseligkeit einbringen, weil dies den gesamten Ort entweiht.

Eine weitere Sache ist das Fotografieren:

Auch wenn die Versuchung groß ist, diese oft wirklich außergewöhnlich schönen Menschen abzulichten, bitte tun Sie es niemals, ohne vorher zu fragen! Indianer sind es wirklich leid, als exotische Gestalten vermarktet zu werden. Selbst ihre farbenprächtige Festbekleidung ist für sie nur ein Teil ihres normalen Alltags, der nicht durch penetrantes Knipsen gestört werden sollte. Untereinander fotografieren sie sich zwar sehr wohl, dies dient aber lediglich der Erinnerung fürs Fotoalbum. Der Ärger, sich selbst überraschend in Büchern und Zeitschriften ungefragt abgebildet zu finden, ist inzwischen zu einer zornigen Ablehnungshaltung angeschwollen, was verständlich wird, wenn man bedenkt, dass für Modelle überall hohe Gagen gezahlt werden und gerade hier Gelder mehr fehlen als anderswo. Die Bitte um ein Abschiedsfoto unter Freunden wird Ihnen eventuell gewährt. An manchen Orten ist eine Kamera generell nicht erlaubt, weil die Belästigungen überhand genommen haben. Dies sind gesetzliche Stammesbeschlüsse, und Zuwiderhandlungen werden auch dementsprechend geahndet.

Generell gilt: je besser Sie informiert sind, (auch an Ort und Stelle können Sie noch mehr Vorinformationen einholen) desto angenehmer gestaltet sich die Begegnung mit Ihren Gastgebern, – für beide Seiten! Als Fremder zu kommen und als Freund zu gehen – das wünscht sich wohl jeder! Die wenigsten Indianer kennen ein Wort für den Abschied – wer, wie die meisten – später zuhause von Heimweh gequält wird, kommt sowieso bald wieder!



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